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Beitrag vom 08.06.2006
Kunst und Film
Karin Effing
Matthew Barney wirft wieder ein großes Werk an die Leinwände der Kinosäle. Mit seiner Lebensgefährtin Björk unternimmt er in "Drawing Restraint 9" eine weite Reise über das Meer in die Leidenschaft
Schon im Sommer2005 machte das Erscheinen von Björks CD Drawing Restraint 9, dem Soundtrack zum gleichnamigen Film, neugierig auf das dazugehörige Werk Matthew Barneys. Aus den Inhaltsangaben zur filmischen Vorlage konnte man nicht wirklich schlau werden. Von einem Walfangschiff war da die Rede, einer authentischen japanischen Teezeremonie, Metaphern und Verwandlungen der Materie. Auch die CD verwunderte beim ersten Reinhören, erwies dann jedoch als interessant und bereichernd. Jetzt kann man den Film von Björks Lebenspartner in den Kinos sehen.
In einem japanischen Hafen wird ein Schiff beladen. Arbeiter, Stahl und Kräne. Die Kamera, Schnitte und Blickwinkel zaubern aus diesem profanen Setting ein Ballett der Arbeit. Eigenartig und schön ist das, was Matthew Barney in dieser Anfangsszene ohne jede Künstlichkeit erzeugt.
Eine Prozession nähert sich dem Schiff. Heiße Vaseline wird in eine Form auf dem Deck des Schiffes gepumpt, bevor es aufs Meer hinausfährt.
Bald treffen unabhängig voneinander auf dem Schiff zwei Fremde ein: Matthew Barney und Björk. Zielstrebig bewegen sie sich durch die Gänge des Schiffes zu Räumen, die wie vorbestimmt für sie sind. Zeremonielle Waschungen und Bekleidungen bereiten sie auf eine traditionelle japanische Teezeremonie vor.
Währenddessen verändert sich die Konsistenz der Vaseline auf Deck in ihrer Form. Vielleicht stehen die beiden Fremden in mystischer Verbindung mit der Form? Oder ist die Form eine Metapher für die Beziehungen der beiden zueinander? Klar wird das nicht, der Film verweigert jede Aufschlüsselung seiner Bilder und Bedeutungen.
Am Schluss schneidet sich das Paar gegenseitig in Stücke. Was sich martialisch anhört, ist in der Umsetzung hingebungsvoll, fast zart. Der Künstler, Filmemacher und dieses Jahr Mitglied in der Jury der Berlinale, Matthew Barney, hat mit diesem Film seinem komplexen und in sich schlüssigem Oeuvre ein weiteres Puzzleteil eingefügt.
AVIVA-Tipp: Drawing Restraint 9 von Matthew Barney ist ein fesselndes Kunstwerk, das eine ganz eigene Ästhetik entwickelt. Die Zuschauerin beobachtet das geschickte Zusammenfügen und Verschieben von Metaphern. Hochkomplex und mit Bedeutung geradezu beladen verliert sich das Werk nie in ästhetischen oder intellektuellen Spielereien. Die Ernsthaftigkeit und Disziplin, die Matthew Barney einsetzt, um ein komplexes Gesamtwerk zu schaffen, sind immer zu spüren. Beeindruckend und absolut sehenswert.
Der Film im Netz unter www.drawingrestraint.net
Drawing Restraint 9
USA/Japan 2005, 135 min.
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
DarstellerInnen: Björk, Matthew Barney
Kamera: Peter Strietmann
Musik: Björk
Verleih: Celluloid Dreams Germany
Kinostart: 08.06.06